Warum Sie beim Aufbau Ihres Unternehmens Risiken vermeiden sollten
Aus der heutigen Welt der Agilität ist der Fail Fast Ansatz kaum mehr wegzudenken und dies ist aus Risiko-Sicht auch äußerst wichtig, da so Ressourcenverschwendung vermieden wird. Grundlegend lassen sich durch frühzeitige erste Erprobungen oder Tests Geschäftsmodelle schnell einschätzen, ob diese tragfähig werden können. Im Bereich des Venture Capital wird das Prinzip der „dosierten Finanzierung“ eingesetzt, um dort ein gezieltes Risikomanagement durchzuführen. Doch bevor wir tiefer in den Bereich des Risikomanagements für Geschäftsmodelle einsteigen, schauen wir uns exemplarisch an, weshalb Startups überhaupt scheitern.
Hinweis: Die genannten Gründe gelten auch für den Aufbau neuer Geschäftsfelder in etablierten Unternehmen und Konzernen. Meist sind hier nur die verfügbaren Ressourcen höher, wodurch es auch häufiger zu mehr Verschwendung, trotz bestehender Risikomanagementsysteme für dieses etablierte Geschäftsmodell, kommt.
Gründe für das Scheitern von Startups
Nach den Untersuchungen von CBInsights, welche seit 2014 regelmäßig veröffentlicht werden, gibt es 12 Hauptgründe, warum Startups scheitern.
Ein Großteil dieser Gründe kann mit geschicktem Risikomanagement frühzeitig erkannt und entsprechend entgegen gewirkt werden. Das in diesem Artikel vorgestellte Thema des Risikomanagements mit Geschäftsmodellhypothesen und verschiedenen Testverfahren hilft dabei, die Gründe für das Scheitern zu vermeiden:
- 2. Kein Marktbedarf
- 3. Durch Konkurrenz überflügelt werden
- 4. Fehlerhaftes oder falsches Geschäftsmodell
- 6. Preis-/Kostenfrage
- 8. Falsches Produkttiming
- 9. Schlechte Produkte
- 11. Schiefgelaufener Pivot
Hinweis: Zum häufigsten Grund haben wir in unserem Beitrag zum Stakeholdermanagement einen Leitfaden inklusive einem Low-Cost-Tool vorgestellt, mit dem Sie ihre Kommunikation mit den potenziellen Investoren planen und organisieren können, damit Sie rechtzeitig ausreichend Kapital für den Fortbestand Ihres Unternehmens arrangieren können. Eine Liste mit Kontaktdaten zu 135 Investoren in Deutschland erhalten Sie hier inklusive der Investmentbereiche und den Größenordnungen.
Bevor wir tiefer darauf eingehen, wie genau das Vorgehen mittels Geschäftsmodellhypothesen Ihnen hilft die Gefahren für Ihre Idee zu beseitigen, sollten wir die grundlegende Philosophie hinter diesem Ansatz, nämlich dem Lean Startup-Ansatz, einmal kurz beschreiben.
Lean Startup
Die Lean Startup Methode entwickelte sich aus dem ursprünglichen Lean-Ansatz aus dem Bereich der schlanken Produktionsoptimierung und wurde von dem Japanern Taiichi Ohno und Shigeo Shingo entwickelt und bei Toyota genutzt.
Später übertrug Steve Blank* diesen Ansatz in einen kundenorientierten Entwicklungsansatz, welcher die Grundlage für das heutige Lean Startup bildet. Große Bekanntheit und Verbreitung erlangte die Methode dann durch Eric Ries* mit den Büchern „The Lean Startup*“ (2011) und „The Startup Way*“ (2017).
Grundsatz hinter der Lean Startup Methode
Der wissenschaftliche Ansatz hinter dem Lean Startup zielt darauf ab, die mit neuen Unternehmungen verbundenen Risiken zu minimieren, indem validiertes Lernen in den Gründungs- und Unternehmensprozess integriert wird.
In diesem Prozess werden zuerst Hypothesen aufgestellt, danach Prototypen bzw. MVP (Minimum Viable Products) entwickelt und mit realen Marktexperimenten direkt am Kunden getestet. Dieses Vorgehen erlaubt es, frühzeitig Rückschlüsse auf die Kunden und deren Bedürfnisse zu ziehen und die eigene Strategie daran auszurichten. In dem zuerst mit ressourcenschonenden Verfahren und Testszenarien genutzt werden, um erst grob die Geschäftsmodellhypothesen zu validieren und dann im nächsten Schritt mit dem nächsten Experiment in die nächste Informationsebene mit mehr Ressourcen eingetaucht wird – aber nur falls das Ergebnis des ersten Experiments dies noch notwendig macht. Somit werden nur dann mehr Ressourcen aufgebracht, wenn das vorher Gelernte wirklich Anlass dazu gibt. Da so auch oft nach der ersten oder zweiten Runde an Experimenten eine grundsätzliche Idee schon aufzeigt, dass sie so nicht umsetzbar ist, kann schneller ein Pivot erfolgen oder die Idee verworfen werden und der nächste Ansatz weiterentwickelt werden.
Build-Measure-Learn Loop
Dieses Vorgehen, welches immer wieder im Lean Startup Ansatz wiederholt wird, nennt man Build-Measure-Learn Loop. Eine Idee wird entwickelt und um diese zu testen, wird ein Experiment „gebaut“. Build also eines MVP, der am realen Kunden erprobt wird. Dabei werden Daten erhoben (Measure), die anschließend ausgewertet werden und deren Erkenntnisse (Learn) auf das nächste Experiment übertragen wird.
MVP
Das Minimum Viable Product (Minimal funktionsfähiges Produkt) ist dabei das einfachst mögliche Produkt, welches am Kunden getestet werden kann. Es gibt unzählige Formen von MVP’s – angefangen von einer einfachen Landigpage bis hin zu sehr seriennahen Prototypen des Endproduktes. Wichtig ist dabei, dass der Detaillierungsgrad erst mit der tiefer zu beweisenden Geschäftsmodellhypothese zunehmen soll.
Mit diesem beschriebenen Vorgehen wird nach jedem Durchlauf der Build Measure Learn Loop das Risiko neu bewertet und die Unternehmensrisiken sinken schrittweise.
Definitionen von Geschäftsmodell, Hypothesen und Risikomanagement
Bisher sind die Begriffe der Geschäftsmodelle und Hypothesen bereits häufiger gefallen, doch in welchem Zusammenhang sie genau mit dem angestrebten Risk Management stehen, ist bisher noch nicht ausreichend geklärt wurden, um dies auch in der Risikobewertung Ihrer Ideen anwenden zu können. Deshalb beschäftigt sich der nächste Abschnitt komplett mit den Geschäftsmodellen und welche Arten von Hypothesen es in diesem Kontext genau gibt. Doch vorher müssen wir zuerst noch die Begriffe genauer definieren und worauf Sie bei der Erstellung von Hypothesen zu achten haben.
Definition von Geschäftsmodellen
Es gibt zwar bisher noch keine allgemeingültige Definition eines Geschäftsmodells, allerdings wollen wir mit der folgenden Formulierung eine Grundlage für die besprochenen Themen wählen.
„Das Geschäftsmodell eines Unternehmens beschreibt auf einfache Weise das Wertangebot an den Kunden sowie die Wertschöpfungskette zur Schaffung dieses Wertes und die Einnahmemechanismen, damit ein Teil des geschaffenen Wertes vom Kunden an das Unternehmen zurückfließt.“
Im Umgang mit Geschäftsmodellen werden meist die folgenden drei Tools eingesetzt, weil sie gerade in der Kommunikation mit anderen eine schnelle und einfache Art und Weise bieten, die in der ersten Anwendung wenig Erklärungsbedarf benötigen.
Hinweis: Die Beschäftigung mit allen drei Tools bekommt in der tieferen Arbeit weit mehr Möglichkeiten, Komplexität und Aussagekraft, als auf den ersten Blicken zu vermuten ist, weshalb wir eine intensive Auseinandersetzung mit diesen Tools jedem Leser ans Herz legen wollen.
St. Galler Business Model Navigator™
Das St. Galler Business Model Navigator™ Tool ist das am schnellsten zu greifende und deswegen eher für einfache Workshops gedachte Werkzeug. Grundlegend geht es auf die vier Fragen ein:
- Wer sind unsere Zielkunden?
- Was können wir unseren Kunden bieten?
- Was tun wir, um die Leistungen zu erbringen?
- Wie wird ein Wert für das Unternehmen eingenommen?
Für einen Quick Run ist dieses Modell sehr gut geeignet und das Buch „Geschäftsmodelle entwickeln*“ gibt einen Einblick in 55 grundlegende Geschäftsmodelle. Damit ist es eine super Inspiration für alle die, die neu mit diesem Thema starten. Allerdings wollen wir dieses hier nicht weiter vertiefen, sondern uns eher um die nächsten zwei Modelle kümmern.
Business Model Canvas nach Alexander Osterwalder
Das komplexere Business Model Canvas von Strategyzer ist die bessere Wahl für eine tiefergehende Analyse von Geschäftsmodellen und kann uns sehr gut helfen, frühzeitig Risiken zu identifizieren.
Die Darstellung auf einer einzigen Seite ist zusätzlich auch noch ideal für die Visualisierung und Kommunikation der Ideen. Was uns bei den ersten Tests und Kundengesprächen schon helfen kann bestimmte Risikosituationen aufzudecken.
Da wir sehr viel mit dem Tool arbeiten, haben wir bereits einen Grundlagenartikel zu diesem Tool veröffentlicht und würden deshalb in diesem Artikel direkt mit der tieferen Arbeit mit diesem Werkzeug einsteigen. Deshalb gilt für alle noch Ungeübten mit diesem Canvas Modell, bitte vorher den Artikel dazu mindestens einmal überfliegen.
Lean Canvas
Das Lean Canvas Modell ist eine Ableitung des Business Model Canvas und ist direkt ausgelegt auf die spätere Arbeit während der Umsetzung der Ideen. Auch hierzu kann unser Grundlagenartikel die ersten Fragezeichen zum Lean Canvas beantworten.
Gerade für den zweiten Teil im Lebenszyklus Ihres Geschäftsmodells, wo es nicht mehr um die Validierung der Idee geht, sondern um die Verifizierung und Übertragung in reale Kenngrößen und eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung.
Definition von Hypothesen
Eine Hypothese im ursprünglichen Gedanken und in der Wissenschaft ist eine Annahme, deren Gültigkeit nicht bewiesen oder überprüft wurde, die aber geeignet ist, bestimmte Phänomene zu erklären. Wenn die Hypothese entsprechend getestet wird, wird sie, je nach Ergebnis des Tests, entweder bewiesen (validiert) oder verworfen (falsifiziert).
Bei eindeutigen logischen Zusammenhängen ist es üblich die Bedingungen anzugeben, unter denen die Hypothese gültig sein soll. Zum Beispiel wird hierfür diese Form verwendet.
„Immer wenn XYZ, dann ABC“
Für die Definition von Geschäftsmodellhypothesen müssen wir jedoch noch ein bisschen genauer werden:
„Geschäftsmodellhypothesen sind Annahmen, auf der das Wertangebot oder die Strategie eines Unternehmens beruht. Mit ihnen kann herausgefunden werden, ob eine Geschäftsidee funktionieren kann.“
Bei der Formulierung dieser Geschäftsmodellhypothese müssen immer die folgenden drei Punkte erfüllt werden.
- Überprüfbar oder eben auch falsifizierbar
- Präzise formuliert
- Unabhängig von anderen Hypothesen
Ein Beispiel für eine solche Geschäftsmodellhypothese ist zum Beispiel:
„Mindestens 3 von 10 Eltern mit Kindern im Altersbereich von 6 bis 12 Jahren sind bereit, für ergänzende Bildungsprogramme, zusätzlich zum normalen Schulbetrieb, mehr als 50€ pro Monat auszugeben.“
Definition von Risikomanagement
Alle Aktivitäten innerhalb eines Unternehmens, die mit der Bewertung von und dem Umgang mit Risiken zu tun haben, lassen sich unter dem Begriff des Risikomanagements zusammenfassen.
Unglückliche Ereignisse, fehlerhafte Betriebsabläufe oder falsche Geschäftsentscheidungen werden in Unternehmen oft als „Risiken“ bezeichnet. Aber auch eine verpasste Chance kann genauso als Risiko betrachtet werden, nämlich für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens.
Im Allgemeinen wird zwischen zwei Risikotypen unterschieden:
interne Risiken:
Produktentwicklung, Marketing, Versicherungen, Corporate Governance, Treasury, Innovationsmanagement, Vertrieb und Mitarbeiterfluktuation sind einige der Bereiche, die unter interne Risiken fallen. Diese Risiken werden in der Regel durch operative Prozesse oder falsche Entscheidungen verursacht.
externe Risiken:
Zu den externen Einflüssen gehören die Gesetzgebung, nationale und internationale politische Entscheidungen, Wettbewerbs- und Marktsituationen, Rezession, Steuererhöhungen und der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften.
Auch wenn alle diese Punkte schon in bestehenden und gut laufenden Unternehmen für unzählige größere und kleinere Risiken sorgen und damit auch unterschiedliche Strategien zur Risikobewältigung benötigen, treffen diese nicht nur genauso für Startups zu. Aufgrund der speziellen Situation kommen nochmal einige Gefahren hinzu, die frühzeitig identifiziert und beseitigt werden müssen.
Risikomanagement für Startups
Alleine die Risikoanalyse von Startups bedarf noch weitaus mehr Finesse. Da ein Startup noch kein funktionierendes Geschäftsmodell aufweisen kann, sondern meistens noch damit beschäftigt ist, für sich alle diese Punkte zu definieren, bevor es in den klassischen Unternehmensaufbau übergeht.
So wissen die meisten Startups noch nicht genau wer ihre späteren Kunden sind, welche Bedürfnisse diese haben und wie genau eigentlich das Produkt aussehen muss, welches diese Kriterien erfüllt, damit die Kunden überhaupt bereit sind für die Lösung ihrer Probleme Geld auszugeben. Diese Ungewissheiten in nahezu allen Aspekten sorgt aber nicht nur für Risiken, sondern auch enorme Chancen, da wesentlich leichter als in bestehenden Strukturen neuartige Ideen und damit auch disruptive Innovationen geschaffen werden können, welche komplette Märkte umkrempeln.
Da aber an jeder Ecke Fallstricke und unbekanntes Terrain vorherrschen, ist es umso wichtiger agile und mitwachsende Strategien sowie Taktiken im täglichen Doing zu haben, um mit den Risiken umzugehen. Dabei sind vor allem die folgenden 4 Punkte die Hauptrisiken, mit denen ein Startup am Anfang zu kämpfen hat.
- Kundenrisiko (verhältnismäßig günstig herauszufinden)
- Marktrisiko (Validierung ist meist mit mittelhohen Kosten verbunden)
- Produktrisiko (oft teuer in der Validierung)
- Umsetzungsrisiko (teuerste Art der Risiken in einem Startup)
Das hier vorgeschlagene Framework zum Risikomanagement in Startups soll Ihnen das notwendige Handwerkszeug mitgeben, um erfolgreich am Markt zu bestehen und die 4 Hauptrisiken nacheinander auszuschließen.
Während am Startpunkt jeder Idee die Summe aller Risiken am größten ist, kann mit jeder Erkenntnis aus durchgeführten Experimenten dieses schrittweise reduziert werden. Damit auf diesem Weg möglichst wenig Ressourcen verschwendet werden, sollte der Aufwand für die Experimente in Abhängigkeit der bereits gesammelten Erkenntnisse steigen.
So könnte z. B. als erstes ein Flyer des möglichen Produktes erstellt werden und einigen potenziellen Kunden gezeigt werden, bevor ein teurer physischer Prototyp aus dem 3D-Drucker gebaut wird.
Damit wir eine Strategie entwickeln können, wann welche Annahme und mit welchen Experiment überprüft werden kann, sollten wir uns zuerst die Arten von Geschäftsmodellhypothesen ansehen, denen Sie sich bei der Umsetzung Ihrer Geschäftsideen gegenüberstehen.
Arten von Geschäftsmodellhypothesen
Je nachdem in welchem Stadium der Geschäftsmodellentwicklung man sich befindet und mit welchem Tool man arbeitet, lassen sich fünf verschiedene Geschäftsmodellhypothesenarten definieren.
Business Model Canvas
Im Business Model Canvas nach Alexander Osterwalder, werden, je nach Bereich, die drei Geschäftsmodellhypothesen nach Machbarkeits-, Erwünschtheitshypothesen und Rentabilitätshypothesen unterschieden.
Nachdem das Business Model Canvas ausgefüllt wurde, können die entsprechenden Hypothesen extrahiert werden und erstmal ringsum das BMC angeordnet werden, um gerade in Workshops zu frühes Urteilen zu vermeiden.
Erwünschtheitshypothesen
Die Erwünschtheitshypothesen enthalten die Markteinschätzungen, den Bedarf des Werteangebots, Annahmen über die potenziellen Kundensegmente sowie der Beziehung zu den Kunden und wie Sie diese erreichen wollen.
Hinterfragen Sie alle im BMC eingetragenen Punkte zu der Erwünschtheit, was genau sind davon Ihre Annahmen bzw. welche Annahmen stehen hinter den Gedanken.
Hinweis: Um noch mehr Erwünschtheitshypothesen zu sammeln und damit Ihre Idee einer tieferen und womöglich auch besseren Analyse zu unterziehen, sollte auch das Value Proposition Canvas für Ihr Werteangebot und das Kundenbedürfnis hinzugezogen werden.
Beispiele für Erwünschheitshypothesen
Die hier beschriebenen Erwünschtheitshypothesen sind einige der Annahmen, die wir getroffen haben, als wir uns entschieden haben, diese Website aufzubauen, um sie zu testen.
- Wir glauben, dass wir mit unserem Lean-Startup-Template als MVP die Probleme von unseren Kunden (Selbstständige und Geschäftsführer von kleinen Unternehmen) im Bereich der Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen lösen und damit jedem Kunden ermöglichen innerhalb von 6 Monaten ein neues Geschäftsfeld zu ergründen.
- Wir glauben, dass wir mit unserem Stakeholdermanagment-Template mit Gründern und Geschäftsführern von kleinen Unternehmen die richtigen Kunden ansprechen und dieses von mindestens 1,5% der Websitebesucher heruntergeladen wird.
- Wir glauben, dass wir mit unseren Magazinbeiträgen einen Mehrwert für die Leser bieten und potenzielle Kunden von unserer Expertise in dem Gebiet überzeugen können, sodass 0,5% der Besucher Kontakt zu uns aufnehmen.
Machbarkeitshypothesen
Die Machbarkeitshypothesen beschäftigen sich hauptsächlich mit der Fähigkeit Ihr Werteangebot überhaupt erst bereitstellen zu können. So gehören dazu alle Annahmen, was das Netzwerk und Verhältnis zu möglichen Stakeholdern (Schlüsselpartner), die benötigten Kompetenzen, um die Schlüsselaktivitäten durchzuführen, und der Zugang zu den wichtigtsen Ressourcen (Schlüsselressourcen) dazu.
Beispiele für Machbarkeitshypothesen
- Wir glauben, dass es mit unserem Team möglich ist, ein breites und sich ergänzendes Beratungsangebot durchzuführen und die Qualität so hoch ist, dass 85% aller Erstkunden uns erneut buchen.
- Wir glauben, dass wir in der Lage sind, Artikel, die den Lesern gefallen, mit sehr hohem Mehrwert zu erstellen und zu visualisieren und deshalb mindestens 20% der Leser einen weiteren Artikel lesen wollen.
- Wir glauben, dass wir systematisch Partnerschaften mit Verbänden und Branchenclustern schließen können, um gemeinsam mit ihren Mitgliedern 2 individualisierte Beratungsangebote innerhalb eines Quartals entwickeln zu können.
Rentabilitätshypothesen
Bei den Rentabilitätshypothesen dreht sich alles um die wirtschaftlichen Gesichtspunkte Ihres Geschäftsmodells. Dazu gehören alle Annahmen, die über die zu der entstehenden Kostenstruktur sowie Einnahmenquellen getroffen werden, als auch über die Margen und dem Return on Invest.
Beispiele für Rentabilitätshypothesen
- Wir glauben, dass unsere Kunden bereit sind für Videokurse von uns mindestens 279€ auszugeben.
- Wir glauben, dass wir für Hosting und Analysetools für die Website und das gesamte Onlinemarketing (ohne Ads-Budget) nicht mehr als 450€ pro Monat ausgeben müssen.
- Wir glauben, dass wir bis Ende 2022 den Breakeven-Point für unsere Innovationsberatungen überschritten haben.
Durch diese drei Hypothesenarten können im nächsten Schritt das Marktrisiko, das Infrastrukturrisiko sowie das finanzielle Risiko besser abgeschätzt werden und so sinnvollere Entscheidungen über den weiteren Aufbau und die Umsetzung der Geschäftsidee getroffen werden.
Hypothesen aus dem Lean Startup Ansatz
Nach dem Lean Startup Ansatz von Eric Ries* hat er in seinem Buch „The Startup Way*“ zwei Hauptarten von Hypothesen, welche für den Aufbau eines Startups notwendig sind, definiert.
Werthypothesen
Die Werthypothese beschreibt, ob das neue Produkt oder die Dienstleistung einen realen Wert für die Kunden schafft. Somit lässt sie sich weitestgehend mit den Erwünschtheitshypothesen nach Alexander Osterwalder gleichsetzen, weshalb wir uns nur auf die Erwünschheitshypothesen im Risikomanagement stürzen werden.
Wachstumshypothesen
Mehr Bedeutung hingegen haben die Wachstumshypothesen, sobald die drei Arten von Geschäftsmodellhypothesen geklärt wurden sind. Bei den Wachstumshypothesen geht es grundsätzlich darum, wie neue Kunden für das Produkt oder die Dienstleistung gewonnen werden können. Sie konzentrieren sich damit hauptsächlich auf das Erzeugen von Einnahmequellen für das Geschäftsmodell.
Da Wachstum erst geschaffen werden kann, wenn Erwünschtheit und Machbarkeit bewiesen worden sind, mit einem gezielten Proof of Concept, sollte sich die Wachstumshypothese erst im dritten Schritt, zusammen mit den Rentabilitätshypothesen, angeschaut werden.
Darüber hinaus hilft der Prozess aus Wachstumshypothesen formulieren, Experimente und Tests entwickeln und durchführen sowie Reflektion der Ergebnisse und ggf. Implementierung in den Geschäftsprozess, um Ihr Wachstum (besser noch Skalierbarkeit) zu strukturieren.
Hinweis: Als Hilfsmittel, um die richtigen Wachstumshypothesen für Ihr Startup zu entwickeln, sollten Sie sich unbedingt einmal mit der Engpass-Theorie von Ash Maurya*, welche er in seinem Buch „Scaling Lean*“ beschreibt, auseinandersetzen. Grundlegend finden Sie durch die Identifizierung der Engstellen in Ihrem Prozess, Ansätze für die Weiterentwicklung und können mit Hilfe der 5-Why Methode die Ursachen für diese Engpässe analysieren. Basierend darauf lassen sich schnell passige Widerstände für Ihr Wachstum finden und Hypothesen sowie Strategien zur Beseitigung dieser Engpässe ableiten.
Andere Tools und Hypothesen
Gerade im Kontext des Risikomanagements gibt es aber noch einige andere Möglichkeiten und Wege die ersten Annahmen schnell und einfach zu treffen. Wichtig dabei ist, dass alle diese Annahmen nacheinander bewiesen werden müssen, um die Risiken so schnell wie möglich auszuräumen.
Oftmals ist es besser schnell zu lernen, warum etwas nicht funktioniert, als Jahre mit der Idee schwanger zu gehen. Denn so bekommen Sie die Chance Ihre Idee weiterzuentwickeln und zu verbessern oder sich auf eine komplett neue Idee zu stürzen.
SWOT
Eine der wohl bekanntesten und wichtigsten Tools in einem Risikomanagement Prozess ist die SWOT-Analyse. Dabei werden die Stärken, Schwächen aus interner Perspektive und die Risiken und Chancen aus der externen Betrachtung aufgestellt und Strategien zum Umgang mit diesen abgeleitet. Als Vorarbeit für die SWOT-Analyse ist die Durchführung einer einfachen Umfeldanalyse oft sehr hilfreich.
Genau aus diesem Tool lassen sich einige der für Ihre Idee wichtigsten Hypothesen ableiten und die Risiken mit Eintrittswahrscheinlichkeiten abschätzen. Für alle Punkte, bei denen eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit vorliegt, sollten Sie Annahmen treffen und sich wieder Tests überlegen, ob Ihr Umgang mit den Situationen funktionieren kann.
Customer Journey, Persona und Job-To-Be-Done
Es gibt mittlerweile unzählige Methoden, um Kunden besser verstehen zu lernen, damit die Kundenrisiken für Ihre Geschäftsidee reduziert werden können. Die wichtigsten drei Tools, unserer Meinung nach, sind dabei:
Beim ersten Ausfüllen dieser Tools werden wieder viele Annahmen entstehen, die Sie erstmal sammeln sollten, um später Ihre Annahmen wieder mit Experimenten zu beweisen.
Bei der Vielzahl an hier vorgestellten Methoden, um die eigene Idee zu reflektieren und um die ersten Schritte im Risikomanagement zu durchlaufen, stellen Sie sich sicher jetzt die Frage, wo Sie am besten starten und wann und wie Sie die wichtigen Erkenntnisse gewinnen können.
Welche Hypothesen sollte man zuerst angehen?
Da alle Risiken rund um den Kunden den größten Einfluss auf die Umsetzbarkeit Ihres Geschäftsmodells haben, sollten auch diese immer zuerst angegangen werden. Denn ohne Kunden kann kein Unternehmen aufgebaut werden, egal wie gut sich eine Idee auf dem Papier anhört.
Deshalb sollten Sie bevor Sie viele Ressourcen für die Entwicklung Ihres Produktes ausgeben, unbedingt kostengünstige Verfahren nutzen, um Ihre MVP’s zu bauen. Dies kann z.B. durch Umfragen, Interviews oder mit dem Aufbau eines Flyers oder einer Landingpage geschehen und damit Erkenntnisse über Ihre potentiellen Kunden eingesammelt bzw. festgestellt werden, ob überhaupt von diesen Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung benötigt wird.
Erst danach ist es notwendig zu erforschen, wie Sie in der Lage sind, Ihre Idee als Produkt umzusetzen oder zu entwickeln, um somit die Machbarkeitshypothesen zu beweisen. Leider starten genau an dieser Stelle zu viele Gründer und entwickeln Produkte, die vom Markt nicht gebraucht werden. Nicht ohne Grund wird der fehlende Marktbedarf im Nachhinein als zweit häufigster Grund von den gescheiterten Gründern selbst angegeben. Darüber hinaus lässt sich auch noch vermuten, dass die Befragten, die als häufigsten Grund Running out of Cash nannten, dies taten, weil ihre Markttraktion für die meisten Investoren zu gering waren und dies auch wieder auf den zweiten Grund zurückzuführen ist.
Sobald Sie sich dennoch ausreichend sicher sind, dass Sie ihre Risiken durch potentielle Kunden und davon ausreichend (also den Marktrisiken) sowie einen Weg erkannt haben, wie Sie ihr Produkt herstellen können, wird es Zeit sich mit der Rentabiliät Ihrer Idee auseinanderzusetzen.
Durch die Auseinandersetzung mit der Machbarkeit sollten Sie bereits die ersten belastbaren Zahlen zur Abschätzung Ihrer Kostenstruktur tätigen können. An dieser Stelle ist es meist notwendig diese nochmal zu detaillieren und gleichzeitig mit den nächsten Tests die Rentabilitätshypothesen anzugehen, indem Sie verschiedene Einnahmequellen erforschen. Hier reichen mögliche Wege von Freemium, einer Kombination aus einem frei zugänglichen und einem Premiumbereich, über Abomodelle oder dem direkten einzelnen Verkauf Ihres Produktes …
Hinweis: Weitere mögliche Arten von Geschäftsmodellen und damit verbundenen Einnahmeströmen als Ideen, können Sie entweder unserem Artikel im Teil „Was gibt es für digitale Geschäftsmodelle?“ oder dem Buch „Geschäftsmodelle entwickeln*“ mit 55 verschiedenen Geschäftsmodellarten entnehmen.
Sobald Sie die Risiken der Kunden, des Marktes, der Machbarkeit sowie der Rentabilität ausreichend geklärt haben, sollten Sie sich an den Aufbau Ihres Startups bzw. den Transport Ihrer Idee in die Realität wagen.
Nachdem Sie den Marktzugang erfolgreich hinter sich gebracht haben, geht es an die sukzessive Skalierung und damit dem Durchlauf der Build-Measure-Learn Loop für die Wachstumshypothesen.
Da Sie aber meistens durch Ihre eigene Risikobewertung in den einzelnen Stadien zeitgleich mit mehreren Annahmen bzw. Hypothesen zu kämpfen haben werden, hilft es, diese zu sortieren und zu bewerten.
Assumptions Map
Die Assumptions Map ist ein Tool, welches bereits von Alexander Osterwalder im Rahmen seines Buches für „Testing Business Ideas*“ aus dem Buch „Lean UX*“ aufgegriffen wurde und ist dabei ein sehr schnelles und einfaches Tool, was im ersten Kontext stark an eine Eisenhower-Matrix erinnert.
Bei der Assumptions Map werden die Achsen nach Wichtigkeit der Hypothesen und ihrem aktuellen Stand im Verlauf des Beweisens aufgetragen. Je weiter rechts oben Ihre Hypothese nach reiflicher Diskussion mit Ihrem Team liegt, desto wichtiger und dringender ist es, sich mit dem Beweis dieser Annahme zu beschäftigen.
Hinweis: Für unsere eigene Arbeit bei der Entwicklung und Umsetzung von Geschäftsideen verwenden wir nicht nur folgende Ansicht aus unserem Notion.so Template, sondern verknüpfen diese Informationen auch in unserem Lean-Startup-Template gleich mit den entsprechenden Canvas Tools (aus denen diese kommen), als auch mit den Experimenten und Tests für deren Umsetzung. Als i-Tüpfelchen nutzen wir auch eine Aufgaben- und Zielverwaltung über Kanban und OKR. So managen wir nicht nur die Bewertung von Risiken, sondern organisieren auch gleich die aktive Umsetzung dieser.
Testen zum Beweisen der Hypothesen
Wie bereits mehrfach vorher schon angerissen, sollte nach der Entwicklung und Sortierung der Hypothesen eine Strategie abgeleitet werden, wie mit sinnvoll aufeinander aufbauenden Experimenten die Risiken und Chancen Ihres Unternehmens abgebaut bzw. ergründet werden können. Dafür sollte eine Test-Routine entstehen, bei der Sie zuerst durch den Einsatz weniger Ressourcen schnell Trends und Indizien erkennen und später dann mit tiefergehenderen Experimenten, welche mehr Ressourcen und Zeit benötigen, aber auch eine größere Aussagekraft zu der unterlegten Hypothese haben, aufzeigen.
Hinweis: Auch wenn wir häufiger in diesem Artikel den Begriff des Beweisens verwenden, kann eine Hypothese immer nur widerlegt werden. Wir verwenden deshalb den Begriff Beweis für ein Stadium, bei der man sich nahezu sicher sein kann, dass die vorher formulierte Hypothese zutrifft. Ein Restrisiko mit einer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit wird immer verbleiben.
Bevor Sie also in das Experimentieren starten, sollten Sie gemeinsam mit Ihren wichtigsten Stakeholder und Teammitgliedern Ihre Experimentideen sortieren. Dabei hilft schon ein sehr einfaches Tabellen-Tool, um Ihre Experimente nach der Beweisqualität (von sehr gering zu sehr hoch) zu sortieren.
In den meisten Fällen reicht es Ihre Experimente oder Tests in Spalten einzutragen und die Menge an gesammelten Informationen bzw. Datenpunkten sowie die Beweisintensität Ihres Experiments zu ergänzen. In der Diskussion ergibt sich somit schnell, wie sicher und zuversichtlich Sie sich durch Ihre Beweisqualität in der Reduktion Ihrer Risiken sein können.
Wichtig: Eine sehr gute Aufstellung zu verschiedenen Experimenten enthält das Buch von Alexander Osterwalder „Testing Business Ideas*„, bei dem auch auf die jeweilige Beweisstärke eingegangen wird.
Je nach anvisiertem Test und Zweck Ihres angedachten Experiments lassen sich die Testverfahren in die zwei grobe Gruppen, Entdeckungsexperimente und Validierungsexperimente, einteilen.
Entdeckungsexperimente
Bei den Entdeckungsexperimenten ist das Hauptziel zu ergründen, was genau die Kunden eigentlich wollen. Dafür werden verschiedene Methoden angewendet:
Erforschung
- Kundeninterview
- Partner- und Zulieferinterviews
- Experten-Stakeholder-Interview
- Ein Tag im Leben
- Entdeckungsumfrage
Datenanalyse
- Suchtrendanalyse
- Webtraffic-Analyse
- Diskussionsforen
- Verkäuferfeedback
- Kundendienstanalyse
Interessenentdeckung
- Online-Werbung
- Linkverfolgung
- Rumpffunktion
- 404-Test
- E-Mail-Kampagne
- Social-Media-Kampagne
- Empfehlungsprogramm
Diskussionsprototyp
- 3-D-Druck
- Papierprototyp
- Storyboard
- Datenblatt
- Broschüre
- Erläuterungsvideo
- Bumerang
- Pretend to Own
Präferenzen & Priorisierung
- Produktbox
- Speedboat
- Karten sortieren
- Ein Merkmal kaufen
Validierungsexperimente
Die Validierungsexperiemente gehen in anschließenden Schritten auf die realen Reaktionen Ihrer potenziellen Kunden ein und versuchen den Weg von der Erkenntnis in die Übertragung in mess- und planbare Zahlenwerke festzuhalten. Mit ihnen können Unsicherheiten und Risiken in die ersten Berechnungen Ihres Geschäftsmodelles einfließen und damit die Gefahren bei der Umsetzung und die Rentabilität angenährt werden.
Interaktionsprototypen
- Klickbedienbarer Prototyp
- Einzelmerkmal-MVP
- Mash-up-MVP
- Concierge
- Lebensechter Prototyp
Handlungsaufforderung
- Einfache Landingpage
- Crowdfunding
- Split-Test
- Vorabverkauf
- Validierungsumfrage
Simulation
- Wizard of Oz
- Simulationsverkauf
- Absichtserklärung
- Pop-up-Store
- Extreme Programming Spike
Beispiele von verknüpften Experimenten
Paul und Sabine sind Eltern von jeweils 2 Kindern und planen gemeinsam ein Unternehmen zu gründen. Paul arbeitet in einem lokalen Maschinenbauunternehmen als Ingenieur und Sabine im Marketing eines Automobilkonzerns. Die beiden haben sich über ihr Hobby, dem Brettspielen mit Freunden, kennengelernt und dort ihre Idee zum Thema spielerisches Lernen von physikalischen Effekten für Kinder im Alter von 2-6 vielfach besprochen.
Pünktlich zum gemeinsamen Silvesterabend nehmen sich die beiden vor, ihre Idee erst im Nebenerwerb zu testen, da sie das hohe finanzielle Risiko noch nicht für einen Wechsel in den Vollerwerb tragen können. Beide wollen ihre Idee testen, doch bei der Frage womit Sie anfangen wollen, bricht schnell ein Streit zwischen ihnen aus. Paul möchte zuerst unbedingt einen ersten Holzprototypen bauen, um gleich mit Kindergruppen aus dem Kindergarten seines Sohnes das erste gedachte Konzept zu testen. Sabine vertritt allerdings die Meinung, dass sie zuerst mehr über das Spielverhalten von Kindern und über das Kaufverhalten der Eltern lernen müssen. Sie argumentiert Paul gegenüber, dass sie so schneller abschätzen können, ob ihre Konzept-Idee überhaupt umsetztbar ist, bevor Paul sich eine Holzfräsmaschine und eine kleine Drehbank kaufen muss, um den Prototypen zu bauen.
Paul versteht die Einwände von Sabine und so setzen sich beide hin, um einen Plan zu entwickeln. Als erstes fällt ihnen auf, dass sie noch gar nicht wissen, ob Eltern von Kindern im Alter von 2-6 Jahren gezielt Spielzeuge kaufen wollen, die ihren Kindern das Lernen mit physikalischen Effekten erklärt.
Also entscheiden sie sich ihre Hypothese, „dass mindestens 45% der Eltern sich wünschen, dass ihr Kind regelmäig mit speziellem Spielzeug für Lerneffekten zur Physik spielt“, mit einer Onlineumfrage zu belegen und legen sich als Grenzwert fest, dass dieser von mindestens 150 Eltern ausgefüllt werden muss.
Nachdem sie ihren Onlinefragebogen in ihren Eltern-Whatsappgruppen sowie in einigen Facebookgruppen in denen Sabine ist, geteilt haben, haben sie 183 Rückmeldungen erhalten und sind positiv davon überrascht, dass sich sogar 62% der Eltern solch ein Spielzeug für ihr eigenes Kind wünschen.
Da Paul direkt mit der Entwicklung des Prototypen weitermachen wollte, wie es bereits in seinem Kopf Formen angenommen hatte, musste Sabine sich noch einmal durchsetzen und die beiden beschlossen, zuerst herauszufinden, welche Art von Spielzeug die Eltern für ihre Kinder überhaupt wollen. Sie haben sich darauf geeinigt, sich am Anfang auf die Eltern zu konzentrieren, da diese später ihre Kunden sein werden und für die Spiele bezahlen sollten. Um die Kinder als Nutzer, wollten sie sich kümmern, sobald sie sich sicher sind, dass sie Abnehmer finden können.
Um dies herauszufinden, erstellten sie einen Flyer mit den drei verschiedenen Varianten, welche sie in einem gemeinsamen Quick&Dirty Design Thinking Workshop entwickelt haben. Bei jeder visualisierten Variante waren daneben ein QR-Code mit dem Hinweis zu mehr Informationen abgedruckt. Diese Flyer legten sie in neun Kindergärten ihrer Stadt aus und leiteten die Interessierten auf eine jeweilige Landingpage mit rudimentären Informationen.
Nach 14 Tagen, als die beiden vereinbart hatten sich mit den Ergebnissen der Linkverfolgung bzw. Zählung zu beschäftigen, stellten sie verblüfft fest, dass ihre erste Idee gerade einmal 7 Besuche erhalten hat und die unscheinbarste Idee, nämlich ein kleiner Experimentierkasten mit Anleitungen zu verschiedenen physikalischen Erscheinungen, hingegen 43 Aufrufe erhalten hat.
Nach diesem Ergebnis war Paul nicht nur sehr überrascht, sondern auch extrem froh, dass er nicht das Risiko eingegangen ist, die beiden Holzbearbeitungsmaschinen zu kaufen und direkt mit dem Produkt zu starten, sondern mit Sabines risikominimierender Strategie zu starten.
Anschließend kümmern sich beide darum, den Nutzen für die Kinder so weit wie möglich zu erhöhen und führen mehrere Design Challenges durch, bei der sie wiederholt mit Rumpffunktionen für ihre kleinen Versuchsaufbauten arbeiten und gingen in den Realtest mit verschiedenen Kindergartengruppen. Im letzten Entwicklungsstadium ihres Produktes führten sie noch die Tests mit einem lebensechten Prototypen durch, bei dem Paul seine Handwerks- und Produktionsfähigkeiten ausleben konnte.
Mit den gesammelten Ergebnissen und den Erfahrungen von Paul war auch schnell ein potenzieller Produzent gefunden und die Kosten für die Produktherstellung und die Logistik ermittelt. Damit die beiden sich sicher werden konnten, ob sie nun den Startschuss für den Aufbau ihres Unternehmens geben sollten, fehlten ihnen noch die Beweise und Zahlen dafür, wie viel ihnen die Gewinnung eines Kunden einbringen würde und wie viel Marketing Budget für die Akquise ausgegeben werden muss.
Auch hier wollen Paul und Sabine wieder Landingpages einsetzen, um diese Informationen zu gewinnen. Allerdings diesmal in Kombination mit Social Media Kampagnen, um ausreichend Leute auf diese Landingpages, damit eine Auswertung gemacht werden kann, zu bekommen. Die beiden haben sich zum Ziel gesetzt, mindestens 2.000 Leute auf eine der Landingpages zu bekommen und damit drei verschiedene Preise für ihre Versuchsbaukästen zu erproben.
Ihre erste Vermutung war, dass sie mit dem niedrigstens Preis von 79€ die höchste Conversiontate für einen Vorverkauf bekommen werden. Allerdings zeigte sich, dass bei einem Preis von 129€ sogar leicht um 0,2% höhere Conversionraten vorhanden waren und das bei gleichen Kosten pro Akquisition. Dies ließ auf eine wesentlich bessere Rentabilität ihrer Idee schließen, falls sie diese Ergebnisse mit höheren Besuchszahlen der Landingpage reproduzieren können.
Hinweis: Ab diesem Punkt geht die Entwicklung der Idee von Paul und Sabine in den Bereich der Wachstumshypothesen über und die beiden werden sich mit viel Datenanalyse auseinandersetzen. Weshalb sie sich für den Aufbau ihres kleinen digitalen Startups mit dem Buch: „Lean Analytics – Use Data to Build a Better Startup Faster*“ von Alistair Croll* und Benjamin Yoskovitz* beschäftigen.
Nach nicht einmal 1,5 Jahren konnten sie durch den Zyklus aus Hypothesen und Tests so ihr eigenes Unternehmen mit sogar 4 Angestellten aufbauen und vertreiben mittlerweile noch weitere Versuchsbaukästen von Biologie bis hin zu Sprachthemen. Und das Ganze ohne vorher zu großes Risiko einzugehen, sondern mit geschicktem Risikomanagement und regelmäßiger Reflektion.
Strukturierte Planung von Experimenten
Damit Sie ihr Risiko mit der Zeit senken können, sollten Sie immer darauf achten, dass Ihre Ausgaben mit der Beweisstärke Ihrer Experimente zunimmt, um nicht frühzeitig Ihre ganzen Ressourcen zu verschwenden. Denn so haben Sie meistens noch ausreichend Reserven, wenn eine Veränderung in Ihrem Geschäftsmodell notwendig wird.
Um dies zu schaffen, sollte Sie also, wie im Beispiel eben beschrieben, Ihre Experimente stufenweise aufbauen. Da so schnell 20-30 Experimente alleine in der Anfangsphase zustande kommen, von denen womöglich auch noch 2-3 gleichzeitig laufen, kann schnell die Übersicht verloren gehen. Um diese zu behalten, sollten Sie ihre Experimente durchgehend dokumentieren.
Hierfür bietet es sich an, vor jedem eine Testkarte anzulegen, bei der die wichtigsten Punkte für Ihr Experiement festgehalten werden. Dazu gehört die zu überprüfende Hypothese, eine Testbeschreibung, die Metrik mit dem das Ergebnis gemessen wird sowie auch ein Kriterium bei dem Sie recht haben bzw. wenn dieses nicht erfüllt wird, wann Ihre Hypothese als widerlegt gilt. Für die Aufgabenplanung und Organisation ist es zusätzlich noch notwendig einen einzigartigen Namen, eine Frist, die Durchführungsdauer und den Hauptverantwortlichen für den Test festzuhalten.
Nachdem Sie ihr Experiment durchgeführt haben, müssen Sie logischerweise auch noch Ihre Ergebnisse festhalten und getreu der Build-Measure-Learn Loop aus dem Lean Startup auch Ihre Learnings bzw. Lernergebnisse.
Hierfür empfiehlt sich wieder die Nutzung einer Karte, aber dieses Mal sollte die Lernkarte die folgenden Punkt enthalten. Natürlich wieder die Hypothese, damit sie schnell wiedergefunden werden kann (wenn man sich noch einmal später mit dem Test beschäftigen muss), Ihre Beobachtung, die gesammelten Erkenntnisse und die daraus abgeleiteten Entscheidungen sowie Handlungen für Ihr nächstes Vorgehen.
Hinweis: Dieses Vorgehen nutzen wir nicht nur in unseren Workshops und Beratungen, sondern verwenden es auch selber mithilfe unseres Lean-Startup Notions.so-Templates, bei dem wir von der Entwicklung der Hypothesen in Tools wie dem Business Model Canvas, dem Lean Canvas, dem Value Proposition Canvas starten und verknüpft in die Tiefe mit Personas, Customer Journey Map usw. gehen können. Damit enhält dieses Tool nicht nur mehrere Ebenen in der Voranalyse aller möglichen Risiken, mit denen Sie sich als Gründer auseinadersetzen müssen, sondern geht auch den Schritt weiter mit Experiment- und Lernkarten und verknüpft diese mit Aufgabenverwaltung per Kanban für das tägliche Doing. Darüber hinaus können Kunden, Investoren, Lieferanten und alle weiteren Stakeholder mithilfe des integrierten Stakeholdermanagements im Blick behalten und die Kommunikation zielführend durchgeführt werden. Um Ihre Vision in umsetzbare Teilaufgaben zu zerlegen und die Skalierung Ihrer Ideen vorzubereiten, ist weiterhin auch ein Objective and Key Results Tool enthalten, um die Motivation bei Ihnen und Ihrem Team über mehrere Durchläufe der Build Measure Learn Loop aufrechtzuerhalten.
Damit Sie jeden Tag wissen, an welchem Angriffspunkt Sie mit ihrer Arbeit ansetzen müssen, um Ihre Ideen mit möglichst geringen Risikofaktoren auszusetzen, empfehlen wir den Einsatz eines Lean Startup Innovationsbilanz Dashboards, welches genau auf Ihr Projekt abgestimmt ist.
Tools für das Risikomanagement für Startups und Intrapreneure
Da wir in diesem Artikel bereits mehrere Tools für ein gezieltes Risikomangement erwähnt haben, wollen wir an dieser Stelle diese noch einmal für Sie auflisten
Unsere kostenfreien Notion.so-Tools
- Business Model Canvas
- Lean Canvas
- Value Proposition Canvas
- SWOT-Analyse
- Empathy Map
- Personas
- Customer Journey Map
- 5 Why
- Jobs-To-Be-Done
- Assumptions Map
- Lernkarten
- Testkaten
- Stakeholdermanagement
- Hypothesensammlung
- OKR
Unser kostenpflichtiges Lean Startup Notion.so-Tool
Als vernetzte Version aller obigen Tools und einiger Weiteren, inklusive verschiedener Ansichten sowie weiterer Hilfestellungen für ein gelungenes Risikomanagement Ihrer neuen Geschäftsidee, finden Sie in unserem kostenpflichtigen Lean Startup Tool.
Dies ist vollkommen individuell auf Ihr eigenes Projekt anpassbar und sollte als Startpunkt für eine erfolgreiche Umsetzung dienen.
Mittels systematischen Risikomanagements zur schnelleren Wertentwicklung Ihres Unternehmens
Mit Hilfe des Lean Startup Ansatzes zum Risikomanagement lassen sich nach einem Bewertungsmodell von Hannes Schubert, dem Lean Startup Valuation Model, auch die Fortschritte in der Validierung Ihrer Geschäftsidee festsetzen. In dem Modell fungiert die Validierung als ein Abschlagsfaktor, bei dem durch Multiplikation der Unternehmensbewertung nach einem discounted Cashflow Model der aktuelle Wert bestimmt wird.
So lassen sich durch Erhöhung des Risikoabschlages schnell nicht nur die Glaubhaftigkeit Ihrer Idee, sondern auch die Bewertung, indem der Validierungsstatus Ihrer wichtigsten Hypothesen z.B. von 30% auf 90% ansteigt, erhöhen. Damit ist auch eine theoretische Wertsteigerung um den Faktor 3 realisierbar ohne weitere Einnahmequellen zu ergründen. Sondern es muss „lediglich“ nachgewiesen werden, dass das Risiko innerhalb Ihrer Idee wesentlich geringer geworden ist. Sobald Sie mit Ihrer Idee den theoretischen Bereich verlassen und reales Feedback sowie Kundenakquise starten können, ohne für Investoren dabei das finanzielle Risiko zu stark zu erhöhen, sind Sie startklar Ihre Idee zu skalieren und mit Investoren von Business Angels bis zu Venture Capital Gesellschaften oder internen Stakeholdern bei Intrapreneuren über die weitere Entwicklung Ihres Business zu sprechen
Hinweis: Hier können Sie sich unsere Investorenliste mit 135 Investoren, die in Deutschland investieren, runterladen.
Zusammenfasung mit Cheatsheet zum Risikomanagement für Geschäftsmodelle
Der in diesem Artikel beschriebene Ansatz zur Risikominimierung für die Umsetzung von Geschäftsmodellen basiert komplett auf dem Lean Startup Ansatz, bei dem Ihr Geschäftsmodell zuerst mit Hilfe des Business Model Canvas entwickelt wird und daraus Geschäftsmodellhypothesen extrahiert werden. Anschließend werden die Hypothesen in einer Assumptions Map eingetragen und nach ihrer Wichtigkeit für Ihr Geschäftsmodell sowie der aktuellen Beweislage sortiert. Die Kritischsten werden ausgewählt und dafür stufenweise, in Abhängigkeit der vorherigen Beweise, Experimente (MVPs) entwickelt und durchgeführt. Dabei wird die Build Measure Learn Loop als Prozessvorbild verwendet, um die gesammelten Erfahrungen in die nächsten – meist aufwendigeren – Experimente zu transferieren. Mit den so erhaltenen Erkenntnissen wird stufenweise die Strategie für die Entwicklung des Unternehmens abgeleitet und am realen Kunden die Bedürfnisse ermittelt, um ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen. Da dieser Prozess strukturiert abläuft und damit das Versagensrisiko mit jedem weiteren Experiment verringert kann, kann man hier von einem zielführenden Risikomanagement für Startups sprechen.