Warum brauchen Sie überhaupt ein Problem Statement?
Das Problem Statement beschreibt in strukturierter Form ein Problem und kann in vielen verschiedenen Bereichen eingesetzt werden, um das Verständnis zu erhöhen. Gerade bei komplexen Problemen wird oft die Kommunikation des zu lösenden Problems schon schwierig, wodurch oft allein schon die Kommunikation im Team und nach außen zur ersten Schwierigkeit wird. Darüber hinaus sind viele Probleme auch je nach Standpunkt und Perspektive sowie Bezug zum eigentlichen Hindernis sehr unterschiedlich.
Ein Problem Statement ist daher ein sehr wichtiges Instrument im Bereich des UX Design und Design Thinking, um die Diskussionen zu strukturieren und um sich auf das vorliegende Problem zu konzentrieren. Indem es die folgenden Fragen in Form eines Satzes beschreibt:
Was ist das Problem? Warum ist das eine Problematik?
Wer hat diese Schwierigkeiten? Wer hat ein Bedürfnis?
Wann und wo tritt das Dilemma auf?
Wie wird es heute gelöst?
Ein Beispiel für die Schwierigkeit in der Formulierung eines Problem Statements ist die Folgende: „Wir wollen einen Weg finden, die Energie der Sonne zur Stromerzeugung zu nutzen. “ – Diese Aussage kann aus vielen Perspektiven verstanden werden. Man könnte sie als ein zu lösendes Problem, als Lösung für eine bereits gelöstes Situation oder als ein zu erreichendes Ziel betrachten. Dies alles hat Einfluss darauf, wie die Problemstellung formuliert und wie sie im Team kommuniziert wird.
Definition eines Problems
Bevor wir tiefer in die Thematik einsteigen, sollten wir noch einmal einen Schritt zurück machen und uns fragen: Was ist eigentlich ein Problem?
Ein Problem ist eine Situation, in der etwas nicht so funktioniert, wie es sollte.
So können Sie und ihr Team zum Beispiel ein Problem haben, wenn Sie Ihre Kunden bzw. Nutzer nicht dazu bringen können, bei Ihnen zu kaufen, oder wenn Sie nicht genug Geld verdienen sowie auch wenn Sie mit Ihren Marketingbemühungen nicht die gewünschten Ergebnisse erzielen.
Warum ist eine gut formulierte Problemstellung also gerade im beruflichen Bereich so wichtig?
Die Probleme, die Sie haben oder andere haben, sind der Schlüssel, um Ihre Geschäfte zu verbessern. Sie können Ihre Kunden dazu bringen, mehr von Ihnen zu kaufen. Sie können Ihre Produkte besser machen oder Sie können Ihr Marketing effektiver gestalten.
Oft sollten Sie sich ergänzend auch fragen: Was passiert, wenn man nichts ändert?
Ihr ursprüngliches Problem kann eine Menge an nachgelagerten Effekten mit sich bringen. So kann in der Produktion zum Beispiel ein Materialfehler in den Rohstoffen, der unerkannt bleibt, dazu führen, dass eine komplette Charge des Endproduktes fehlerhaft ist und enorm teure Ausfälle beim Endkunden mit sich bringt.
Hinweis: Genau in der Analyse von gerade wiederkehrenden Problemen liegt oft die Chance für den Aufbau neuer Unternehmen und Geschäftsmodelle, die genau die Beseitigung dieser Probleme im Fokus haben.
Wie bestimmen Sie das Problem, das Sie lösen wollen?
Um Schwierigkeiten bei potenziellen Kunden zu finden, müssen Sie sich als erstes Gedanken über die Personen oder die Unternehmen machen, die Sie erreichen möchten. Wie würden diese Personen beschreiben, was in ihrem (Beruflichen-)Leben nicht funktioniert? Was erhofft er oder sie sich von Ihrer Hilfe? Welche konkreten Ziele möchte diese Person als Ergebnis Ihrer gemeinsamen Arbeit erreichen? Was ist sein oder ihr größtes Hindernis? Welches sind die dringendsten Probleme dieser Person? Diese und ähnliche Fragen sind der Schlüssel, um das Verständnis für die Kunden zu entwickeln. Als Hilfsmittel kann hier auch eine Persona oder eine Empathy Map der Person erstellt werden.
An dieser Stelle sollten Sie noch nicht versuchen, die Probleme der Kunden zu lösen. Sie sollten sie erst mal besser verstehen lernen. Wenn Sie Ihre Kunden nicht gut verstehen, können Sie nicht gezielt und reproduzierbar helfen. Das ist einer der größten Fehler, indem oft versucht wird, schnell an einer Lösung zu arbeiten, bevor diese in den vielen Facetten verstanden wurde.
Wenn ich 8 Stunden Zeit hätte, einen Baum zu fällen, würde ich 6 Stunden die Axt schleifen! – Abraham Lincoln
Dieses Zitat beschreibt genau wie intensiv die Auseinandersetzung mit dem Problem sein sollte, bevor Sie an die Umsetzung möglicher Lösungen gehen.
Das Format eines Problem Statements
Das Problem Statement als Methode im Design Thinking wird meist als ein eindeutiger und gut verständlicher Satz formuliert, der auf die folgenden Fragen eine Antwort gibt:
Was ist das Problem? Warum ist das ein Problem?
Wer hat das Problem? Wer hat ein Bedürfnis?
Wann und wo tritt das Problem auf?
Wie wird es heute gelöst?
Ein sehr gutes Framework für das Problem Statement stammt aus dem Buch: „Das Design Thinking Toolbook*“ von Michael Lewrick*:
Wie können wir … (Was?) … (Für wen?) … neu gestalten, damit … (sein Bedürfnis) befriedigt wird.
Wie wird die Problem Statement Map in Workshops genutzt?
Ein typisches Problem Statement wird normalerweise in Textform formuliert. Da dies aber gerade für Workshops und Seminare eher schwieriger händelbar ist, wird dort meist auf eine Leinwand mit Post- its in Form einer Problem Statement Map zurückgegriffen.
Vorbereitung
Zur Vorbereitung werden Kategorien in Form von Überschriften nebeneinander angeheftet.
Die Überschriften können genutzt werden, um unterschiedliche Untergruppen zuzuordnen, wie unterschiedliche Kunden bzw. Nutzer, Stakeholder die das Problem haben, unterschiedliche Teilprobleme, verschiedene Lösungsansätze, Metriken mit denen das Ausmaß der Probleme oder Verbesserungen gemessen werden können oder auch diverse Randbedingungen wie Zeitpunkte des Auftretens oder notwendige Ereignisse oder Einstellungen die zum Problem führen.
Hinweis: Oft hilft auch als weitere Kategorie den Punkt Risiken mit aufzunehmen, um den Blick auf die Gefahren, die vorhanden sind (z.B. wenn das Problem nicht gelöst wird), zu schärfen.
Durchführung: Sammeln der Ideen
Anschließend erfragt der Moderator die Gedanken und Ideen der Workshop Teilnehmer. Dabei gelten ähnliche Regeln wie beim Brainstorming oder Brainwriting, wo erst alle Punkte wertungsfrei gesammelt werden.
Folgende Fragestellungen können als Hilfestellung bzw. Aufgabenstellung für die Teilnehmer gestellt werden.
Wer ist von einem Problem betroffen? Wer macht sich Sorgen in oder vor der Situation?
Was sind die Probleme, die gelöst werden müssen? Worin genau besteht das Problem?
Wie könnten sie gelöst werden? Welche Lösungsansätze gibt es?
Wie würde sich eine Lösung auswirken? Welche Veränderungen bringt eine Lösung des Problems mit sich?
Welche Randbedingungen sind bei der Lösung der Probleme zu berücksichtigen? Welche internen und externen Faktoren müssen noch beachtet werden?
Hinweis: Gerade im Bereich der Entwicklung von Geschäftsmodellen sollte noch die Kategorie bzw. Frage mit aufgenommen werden: Wie wird das Problem aktuell gelöst? – Diese Betrachtung gibt oft Aufschluss darüber, wie notwendig eine Lösung ist und wie hoch die Bereitschaft ist jemanden für das Lösen dieses Problems zu bezahlen.
Durchführung: Ideen reflektieren
Nachdem alle Erkenntnisse und Ideen unter den entsprechenden Kategorien zusammengetragen wurden, erfolgt die Bewertung der Punkte. Im ersten Schritt sollten alle ähnlichen Notizen geclustert bzw. konsolidiert werden (Affinitätsdiagramm). Und anschließend mit Hilfe von einem Dot-Voting die wichtigsten Punkte herausgefiltert.
Problem Statement definieren
Im letzten Schritt wird gemeinsam, nach obigem Vorbild, ein entsprechendes aussagekräftiges Problem Statement formuliert und diskutiert.
Beispiele für Problem Statements
Die folgenden drei Gegenbeispiele zeigen, wie ein Problem Statement nicht formuliert werden sollte.
Beispiel 1: „Ich habe ein Problem mit meinem Computer.“
Beispiel 2: „Mein Computer ist kaputt.“
Beispiel 3: „Mein Computer funktioniert nicht.“
Warum? Im ersten Beispiel wird das Problem nicht genannt. Im zweiten Beispiel wird ein Problem genannt, aber nicht definiert, was das Problem ist. Im dritten Beispiel wird ein Problem definiert, aber es werden nicht genügend Informationen gegeben, um das Problem zu lösen.
Für ein besseres Verständnis wären folgende ausführlichere Formulierungen hilfreicher.
Beispiel für eine Web-Agentur:
Wie können wir eine höhere Conversion-Rate für unseren Kunden ermöglichen, ohne die Struktur durch die Corporate Identity zu gefährden, damit Sie mit ihrem aktuellen Werbebudget mehr Verkäufe erzielen können?
Beispiel für eine KFZ-Werkstatt:
Wie können wir unseren Service verbessern und ein einmaliges Erlebnis generieren, damit die Kunden so zufrieden sind, dass Sie nicht nur wiederkommen, sondern auch von uns erzählen.
Beispiel für Coaches & Trainer im Bereich Kommunikation:
Wie können wir unser Coaching für die Zielgruppe Erzieher neu gestalten, damit unsere Erfahrungen aus dem Umgang mit Businesskunden den Umgang mit den Erziehern und den Kindern sowie den Umgang zwischen den Kindern verbessert wird?
Wie geht es nach dem Problem Statement weiter?
Nachdem mit Hilfe des Problem Statements klar festgelegt wurde, für was genau eine Lösung entwickelt wurde, sollte im Design Thinking Prozessschritt des Verstehens noch weiter verblieben werden, um noch tiefer die Ursachen für das Problem zu analysieren. Hierfür bietet sich in den meisten Fällen die Nutzung der 5-Why Methode an, bei der so oft die Frage Warum gestellt wird, bis die Wurzel des Problems erkannt wurde.
Anschließend kann entweder weiter mit dem Design Thinking Prozess strukturiert ein Problem gelöst werden oder auch bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen direkt zur Erstellung eines ersten Business Model Canvas übergegangen werden.
Wichtig ist bei jedem folgenden Weg, dass getreu dem Lean Startup Ansatz jegliche Annahmen, die bei der Lösungsentwicklung auftauchen, entsprechend durch kleine Experimente getestet werden, um ressourcenschonend das Problem zu lösen.
Hinweis: Für eine tiefergehende Auseinandersetzung mit diesem Vorgehen empfehlen wir auch unseren Artikel: „Risikomanagement für Geschäftsmodelle“